Abseits des Rasens: Wo guckt eigentlich Michel Platini?
Es hätte alles so schön sein können: Michel Platini rattert begleitet durch eine tricolore-sprühende Kunstflugstaffel mit einem Helikopter filmreif von EM-Stadion zu EM-Stadion, sitzt mild und immer auch ein wenig verschmitzt lächelnd auf der VIP-Tribüne und aalt sich in seinem Werk: der UEFA Euro 2016. Aber wir wissen, es ist anders gekommen.
Ja, viel schlimmer, wir wissen noch nicht einmal, wo der Ex-UEFA-Chef in diesen Tagen die EM schaut. Keine Interviews, keine Paparazzi, kein Enthüllungsjournalismus. Der mittels einer Ethiksperre auf nunmehr 4 Jahren von jeglichen offiziellen Veranstaltungen verbannte Spitzenfunktionär des europäischen Fußballs sitzt wahrscheinlich an irgendeiner Bushaltestelle und schaut bei schlechter Netzverbindung einen ruckeligen Livestream auf dem Handy.
Spaß beiseite: Dem genialen Mittelfeldregisseur und Europameister von 1984 wird schon irgendein Sponsor, irgendein Scheich, irgendein Duzfreund die VIP-Lounge aufgesperrt haben. Und wenn nicht, dann kommen sie in seine „Villa im Süden des Landes“, trinken Schampus, feiern seinen 61. Geburtstag und wetten auf den EM-Sieg der Éqipe Tricolore. In der RP online ist gar zu lesen, Gerüchte seien im Umlauf, wonach ein Erscheinen des EM-Chefarchitekten zum Halbfinale in Marseille möglich sei.
Klar ist jedenfalls: Wenn die Aufregung um die aufgeblähte 24-Teams-EM gefallen ist und wir im Achtelfinale anständigen Fußball geboten bekommen, werden wir ihm vollends verzeihen. Wer so schaut, kann doch kein Unmensch sein – nicht mit diesem Lächeln.